Digitale Lernformen auf dem Vormarsch

Interview mit Fabian Ewenz (Gründer, Quizblix)

Der Weiterbildungsmarkt erlebt seit geraumer Zeit bereits einen zunehmenden Wandel. Neue Lernformen und -ansätze aus dem Bereich eLearning erweitern das Bildungsangebot.
Fabian Ewenz ist Gründer des Start-Ups Quizblix (https://www.quizblix.de ), welches mit der gleichnamigen App eine Lernplattform entwickelt hat, auf der Wissensvermittlung in spielerischer und prägnanter Form möglich ist. Herr Ewenz stand uns für dieses Interview netterweise Rede und Antwort.



Redaktion: Herr Ewenz, was war Ihr Beweggrund, eine Lernplattform wie Quizblix zu entwickeln? Gab es den einen „Auslöser“ oder war es ein schleichender Erkenntnisprozess?

Fabian Ewenz: Ich komme ursprünglich von der Anwenderseite, also als Mitarbeiter in einem Großkonzern. Dort musste ich öfters verpflichtende Schulungen zu Themen wie Datenschutz, Compliance oder Projektmanagement absolvieren. Es ging dabei gefühlt aber nicht darum, die Mitarbeiter nachhaltig zu schulen, sondern eher um offiziell sagen zu können, dass der Mitarbeiter geschult ist – also kein Mehrwert für den Mitarbeiter. Dies meist über lieblose E-Learning Plattformen und klickbare Fragebögen, die man dann nach der dritten E-Mail-Aufforderung durchklicken musste.

Auf der anderen Seite spielten wir damals gegeneinander Spiele wie Quizduell auf dem Smartphone. Dabei merkte man sich unnützes Wissen wie Geburtsdaten von Promis - nur durch das Spielen. Also Lernen, ohne aktiv zu lernen. Ich fragte mich, wieso kann man diese Mechanik nicht auch auf Weiterbildung im Beruf übertragen, so dass Lernen auf der Arbeit Spaß macht. So wurde Quizblix geboren und da ich schon immer mein eigenes Unternehmen gründen wollte, war das dann der Schritt in die Selbstständigkeit.

Redaktion: Neue Lernformen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Ihre App „Quizblix“ wird in diesem Zusammenhang häufig unter den Kategorien „Mobile Learning“ bzw. „Micro Learning“ geführt, will man den Pressemitteilungen zu Ihrer App Glauben schenken. Was können wir unter diesen Begriffen verstehen und inwiefern sind diese neuen Lernansätze in Ihrer Lernplattform „Quizblix“ realisiert?

Fabian Ewenz: Mobile Learning und Micro Learning sind Antworten auf den gesellschaftlichen Wandel. Unsere Welt ist so schnelllebig geworden, dass sich auch die Anforderungen an das Lernen ändern. Lebenslanges Lernen ist unverzichtbar. Gleichzeitig hat aber niemand mehr die Zeit, sich im Job lange und ausführlich weiterzubilden. Also ein Henne-Ei-Problem. Informationen sind zu dem Zeitpunkt, wenn wir sie aufnehmen, schon nicht mehr aktuell.

Eine neue digitale Welt braucht auch neue digitale Lernmethoden. Unser Smartphone haben wir immer dabei. Dementsprechend ist die Antwort auf diese neuen Gegebenheiten: Lernen in kurzen Einheiten und das überall und zu jeder Zeit. Das war auch unser Anspruch bei der Entwicklung von Quizblix. Lernwillige sollen die Möglichkeit haben, zwischen zwei Meetings, in der Pause oder auf dem Weg zur Arbeit schnell ein paar Spiele zu absolvieren. Dafür ist kein Trainingsraum oder ein sonstiger Bezug zur Arbeit notwendig.

Wichtig dabei ist eine Oberfläche, die sich in erster Linie an mobile Geräte richtet. Viele Lernplattformen lassen sich nur vom Computer aus bedienen oder sehen furchtbar aus auf einem

Redaktion: Welchen konkreten Nutzen können insbesondere Micro bzw. Mobile Learning in punkto Weiterbildung erzielen?

Fabian Ewenz: Der große Vorteil von Micro und Mobile Learning ist die Flexibilität. Also zeit- und ortsunabhängig, zugeschnitten auf den individuellen Terminplan lernen und das im persönlichen Lerntempo. Spannend wird es dann noch, wenn die Lernplattform smart ist. Das heißt, auch sie lernt und kann so Inhalte personalisiert auf die Lernenden zuschneiden.

Ein Beispiel wäre, wenn ich ein Training zum Thema „Agile Methoden“ mache und gerade bei den Inhalten zu Design-Sprints schlecht abschneide und diese nicht verstehe, sollte die Plattform dies wahrnehmen und mein Trainingsprogramm so gestalten, dass ich vermehrt Inhalte zum Thema Design-Sprints angezeigt bekomme. Diese im besten Fall sogar anders aufbereitet. Manche Menschen lernen besser, indem sie etwas lesen, andere sind audiovisuelle Typen. So wird sichergestellt, dass kein Lernender abgehängt wird.

Redaktion: „Klassische“ mit neuen, digitalen Lernformen sinnvoll zu kombinieren, ist eine Herausforderung, welche uns bereits mehr als 20 Jahre begleitet. Wie haben sich Blended-Learning Ansätze in den letzten Jahren entwickelt und welche Synergien lassen sich Ihrer Einschätzung nach daraus schöpfen?

Fabian Ewenz: Meiner Meinung nach ist Blended Learning die sinnvollste Form der Weiterbildung im Unternehmensumfeld. Jeder Mensch ist anders und das eben auch beim Thema Lernen. Ein Seminar mit einem super Trainer begeistert und motiviert Menschen, dort kann man richtig in die Tiefe gehen. Was man dann aber oft beobachtet ist, dass die Teilnehmer motiviert aus dem Seminar gehen, aber das Gelernte nicht umgesetzt wird und sie schon nach ein paar Wochen wieder in ihrem alten Trott angekommen sind.

Die digitale Erweiterung des Trainings kann da perfekt entgegenwirken, um die Teilnehmer des Seminars auch nach dem Training zu begleiten und mit Inhalten zu versorgen. Die sogenannte Vergessenskurve beschreibt das Verhältnis zwischen Zeit und Vergessen. Sie zeigt an, in welchen Zeitraum ein Mensch etwas neu Aufgenommenes behält bzw. vergisst. So liegt die Vergessenskurve nach 7 Tagen bei rund 20%. Also haben wir nach einer Woche rund 80% des Gelernten wieder vergessen. Gerade für teure Seminare ist das nicht sehr nachhaltig.

Blended Learning ist die Möglichkeit, diese Kurve immer wieder zu unterbrechen und Wissen im Langzeitgedächtnis abzuspeichern – sozusagen Fitnesstraining für unser Gehirn. Wenn Blended Learning gut designt ist und Spaß macht, kommt auch noch der Faktor der intrinsischen Motivation dazu. Das heißt, Lernende lernen von sich selbst aus und nicht weil sie es müssen, was ebenfalls zu einem besseren Lernerfolg führt. Auch während Trainings können so auffrischende und interaktive Elemente eingebaut werden, um die Teilnehmer bei Laune zu halten.

Redaktion: Welche Beobachtungen machen Sie, was das Lernverhalten von Weiterbildungsinteressierten bzw. deren Aneignung von Wissen angeht? Hat sich dieses mit der Zeit verändert?

Fabian Ewenz: Ich glaube, wir befinden uns gerade in einem großen Wandel. Nachdem man in Konzernen bemerkt hat, wie wichtig Weiterbildung für den Erfolg eines Unternehmens ist, es jedoch mit hohen Kosten verbunden, jeden Mitarbeiter weiterzubilden, suchte man nach neuen Formaten. Das war die Stunde des E-Learnings. Trainings konnten ab jetzt kostensparend online abgehalten werden. Dazu kamen noch sogenannte Webbased-Trainings, also eine Art Seminar, bei dem jeder Teilnehmer vor seinem eigenen Computer sitzt und über eine Webcam mit dem Trainer interagiert. Ein weiterer Trend waren dann die Moocs (Massive open online courses), Onlinekurse auf Abruf, die einer breiten Masse für kleines Geld zugänglich gemacht werden können.

Gerade für Weiterbildung im Job ist dies aber nur bedingt zielführend. E-Learning Plattformen und Moocs verzeichnen zum Teil Abbruchquoten von rund 90%. Die Teilnehmer verlieren mit der Zeit die Motivation und das Durchhaltevermögen. Ich gebe manchmal Workshops und Trainings in Unternehmen. Dabei bekomme ich immer wieder Feedback von den Teilnehmern, dass sie es richtig toll finden, mal wieder ein Training in Person zu haben, mit sozialer Interaktion, Austausch mit Kollegen und das gemischt mit digitalen Lernformaten.

Es kommt einfach darauf an, in welchem Kontext man welche Personengruppe anspricht. Ältere Generationen schätzen den persönlichen Kontakt, während für jüngere Generationen mobiles und eigenständiges Lernen selbstverständlich ist. Ein Beispiel: ein Teenager will lernen, Gitarre zu spielen. Für ihn ist es ganz natürlich, dass er sich dazu Videos auf YouTube anschaut, einen Kurs auf einer Weiterbildungsplattform wie Udemy macht oder Spiele wie Guitar Hero spielt. In dieser Generation ist die Bereitschaft für neue Lernformate viel größer, vorausgesetzt sie machen Spaß.

Redaktion: Wie sehen Sie die Zukunft neuer Lernformen bzw. -wege wie eben z.B. Mobile bzw. Micro Learning? Welche Hürden gilt es hier noch zu meistern? Wo sehen Sie die Grenzen derartiger Lernansätze?  

Fabian Ewenz: In Zukunft wird Lernen stark aus Mobile und Micro Learning bestehen. Das ist aber jetzt auch nichts völlig Neues. Denken Sie mal an Ihre Schulzeit zurück, Vokal-Karteikarten waren auch schon eine Form von Mobile und Micro Learning. Diese Art wird sich aber noch weiterentwickeln und viel interaktiver sein.

Man sagt ja, dass der Mensch mittlerweile eine Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches hat. Das spiegelt sich auch in der Art, wie wir Inhalte konsumieren wider. Niemand liest mehr lange Zeitungsartikel, stattdessen lesen wir kurze Artikel im Internet, Tweets oder sogar nur noch Überschriften. Daran muss sich auch das Lernen anpassen.

Vor allem aber muss Lernen Spaß machen. Deshalb bin ich auch so ein großer Befürworter von Gamification. Menschen wollen spielen, ganz egal wo auf der Welt, welches Alter oder Geschlecht. Es muss ein Mix aus verschiedensten Formaten sein, sozusagen eine geführte Lernreise, die Spaß macht. Das wird gute von schlechten Lernangeboten unterscheiden.

Besten Dank für dieses Interview, Herr Ewenz!        

 

 

 

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